Feine Adressen 11/2019
Matthias Zumbroich – Akkordarbeiter
„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“, sagte einst der weltberühmte Philosoph Friedrich Nietzsche. Und ohne das richtige Gefühl ist für Matthias Zumbroich die Musik keine Musik. Wir haben uns mit dem Reutlinger Komponisten, Konzertpianisten und Klavierlehrer unterhalten.
Er kann Rock, Pop, Jazz. Improvisieren. Er kann virtuos klassisches Klavier. Und er kann sich dezent zurückhalten, wenn es um Unterhaltungsmusik geht. Doch beginnen wir mit dem Klavierlehrer Zumbroich . Sein Motto:“ Klavierunterricht ist Coaching für das ganze Leben “ .Geduld , Aufmerksamkeit , ein „langer Atem“ …sind gefragt . Für mich gilt :den Schüler in seinem Wesen erkennen, ihn innerlich erreichen, um dann gleichermaßen humorvoll wie ernsthaft mit ihm zu arbeiten. Mental, körperlich und musikalisch. Auch immer mit dem Ziel, das richtige Stück für die Schüler/innen zu finden. Wie ?“ Ich schaue in ihre Augen und schaue , bei welchem Stück die aufleuchten“ . Dem Schüler das Hand-Werk kurz & griffig (!) beibringen : so leicht ,als möglich .
Freude, Trauer und andere Gefühle zum Ausdruck zu bringen sind für den Konzertpianisten Zumbroich elementare Voraussetzungen für gelungene Musik. Er selbst, der schon vor vielen bekannten Persönlichkeiten und bei Schlosskonzerten gespielt hat , legt genau darauf seinen Focus .
Auch als Komponist :Der Ex-keyboarder der Reutlinger Gruppe „Zomby Woof“ hat eine Solo CD „into the deep“ veröffentlicht , weiterhin etliche Piano Solo CDs mit Eigenkompositionen …und die Musk für die Off-Broadway-Show „ how to train your man“ 2001 in New York komponiert .
Welchen Wunsch hätte er, der für ihn musikalisch das größte Glück bedeutet? „Keyboarder bei einem Konzert der Rolling Stones zu sein und beim Stück Honky Tonk Woman ein Klaviersolo zu spielen!“, sagt Matthias Zumbroich mit einem Lachen und seine Augen beginnen zu leuchten…
REUTLINGEN. Zusammen sind sie 90 Jahre alt. Das stimmt schon, wenn man die Lebensjahre addiert. Matthias Zumbroich ist 60, Andreas Diebold bringt es auf 30 Jahre. Wenn die beiden schwäbischen Pianisten jedoch zusammen musizieren, an zwei Flügeln oder vierhändig an einem, wenn sie kreuz und quer durch Rock und Pop und Klassik stürmen, stundenlang und mit Energie und Spiellust ohne Ende, dann zählen nicht die Jahre, sondern dann geht es allein um Vitalität und Frische und um die gemeinsame große Liebe zur Musik jenseits aller Kategorien — Hauptsache sie ist gut und hat ihre eigene Dynamik. Und solche Leidenschaft kommt niemals in die Jahre. Ungemein jung und spontan wirken die beiden, als sie im Spitalhof ihr Programm nach Ansage präsentieren. Sie sind perfekt aufeinander eingespielt — mental und manuell. Manchmal scheinen sie zu improvisieren. So frei geben sie sich und sind dabei ganz beisammen auf einer Welle aus vollem Klang, treibendem Rhythmus und heißer Virtuosität. Zumbroichs Überleitungen sind ein Genuss für sich. Da blitzt sein Humor auf, wenn ihm etwa Beethovens „Elise“ mal kurz auf die Finger schaut, Ein Stück bis zum Ende am Laufen zu halten und es dann wie aus heiterem Himmel pointiert zu beenden, auch das gelingt ihm und seinem Partner brillant.
27.11. 2012 , Reutlinger General Anzeiger zum DUO-Konzert im Spitalhofsaal in Reutlingen :
Alleskönner am Werk
Konzert — Zumbroich und Diebold spielen Klavier
Von Tom Waits bis Klassik
Der Schwung und der Zug nach vorn im Spiel dieser Alleskönner hören nie auf. Und was sie an Farben und Fülle, von den Hammer-Bässen angefangen über satte Akkorde bis zu den feinsten Lyrismen und den schönsten sanglichen Figuren aus dem Doppelflügel herausholen, das kann schon begeistern. Ob nun Eigenes von Zumbroich wie etwa seine Hommage an die isländische Band Sigur Ros die vielen Menschen im Saal elektrisiert oder wenn das Duo rockig vollgriffig die kanadische Band SAGA hochleben lasst, „Eloise“ von Paul Ryan auf den Tasten singt, mit „Long Way Home“ von Tom Waits Lyrik zelebriert, beim „Root Beer Rag“ von Billy Joel hinreißend Tempo macht, „Supertramp“ oder die „Stones“ mit Wucht und Glanz feiert, „Toto“ und „Queen“ dröhnend schön aufmischt und dies alles mit Feuer und Klarheit rüberbringt — es ist noch nicht genug. Denn die beiden können auch klassisch. Sonate von Mozart und Ungarische Rhapsodie von Liszt: das läuft und läuft und hat Geschmack und belegt die staunenswerte Bandbreite dieses Duos. Und richtig leise spielen können die beiden dann auch. (hdw)
Reutlinger Nachrichten, POP / „Zoomby Woof“-Keyboarder mit Projekt-Band, Donnerstag, 2. September 2004
Rock auf Sinnsuche
Matthias Zumbroichs CD „Into The Deep“

Lang ists’s her: „Zomby Woof“ war in den 70ern die Local-Hero-Band schlechthin. Keyboarder Matthias Zumbroich meldet sich nun mit einer neuen CD zurück. Sie bietet griffigen, eingängigen Poprock zu vornehmlich besinnlichen Texten. Daher der Titel „Into The Deep“.
OTTO PAUL BURKHARDT
REUTLINGEN • „Plus belle mit Kapelle“ hieß ein Track auf der Vorgänger-CD „C“, einem 1998 erschienenen Klavier-Album. Das lässt sich auch als Ankündigung lesen, die der Komponost und Keyboarder Matthias Zumbroich nun wahr gemacht hat. Denn auf seiner neuen, 2003 abgemischten CD „Into The Deep“ tritt er nicht mehr solo, sondern tatsächlich in Kapellen-, also Band-Stärke an, flankiert von einem beachtlichen Aufgebot an regionaler bis bundesweiter Rock-Prominenz.
Welcome To The Show
Mit von der Partie sind etwa James Herter (früherer Mit-„Zomby“, „Kiz“-Mitglied und Produzent von „Two Of Us“, „Fool’s Garden“, Hubert Kah), Rockröhre Bianca Schneider („Lancelot“, „Venus Blue“), Sänger Carsten Hisley („Kashmyr“, „Lancelot“), die Kölner Malerin und Sängerin Karin Hochapfel, Ferry Bullinger („Crystal Maze“) und Gitarrero Jörg Heinkel („Ernest & The Hemingways“).
„Welcome To The Show“ heißt denn auch, ziemlich musical-like, der ambitionierte Opener, mit dem sich Zumbroichs Projekt-Crew Fragen stellend präsentiert: Wird’s eine Komödie? Eine Tragödie? Eine Parodie? Ein Mysterium?
Eine kollektive Rock-Therapie, meinen wir. Zumbroichs Tiefenforschungs-Reise „Into The Deep“ bietet
musikalisch kompakten Poprock, irgendwo zwischen Fleetwood Mac und Queen. Die Palette umfasst griffigen Gute-Laune-Groove mit batzigen Gitarrenriffs („Own Choice“) und Reminiszenzenan Peter Green („Blues Sentimental“), olympiahymnentauglichen Bombast („Here We Go“) und aufmüpfigen Kurt-Weill-Sound („Michelles Complaint“).
Zumbroich, der für Musik und Lyrics allein verantwortlich zeichnet, streift in seinen Texten Themen wie Liebe, Alkohol, Berufsleben und mehr. Besser gesagt: Er bietet bekennend gefühlige Befindlichkeitsstudien, die alle nach einem Weg suchen – raus aus der Zwickmühle zwischen täglichem Tretmühlen-Horror und ramponierten Idealen („Quadrinity Song“).
Er offeriert Bestandsaufnahmen dieser Suche hin zu einem weitgehend selbstbestimmten, angstfreien Leben, das nicht nur in irgendwelchen Wolkenkuckucksheimen, sondern auch in der Wirklichkeit Bestand haben kann.
Zumbroichs ehrgeiziger Sampler bietet emotionale Aufrichtigkeit mit Seele, forscht nach einem positiven Sinn jenseits des alltäglichen Frusts – „between our broken dreams and the smile there on your face“.
„Into The Deep“, das ist Musik zwischen saftigem Symphonic-Rock und frechem Broadway-Swing. Am Ende bezieht sich Zumbroich wieder auf sein 98er-Klavier-Album „C“: So lässt er die neue, tubulente CD mit einem Piano-Solo ausklingen – und friedvollem C-Dur zur Ruhe kommen.
Reutlinger Nachrichten, CD-Kritik / Tastensolo, Dienstag, 5. Januar 1999
Freestyle von Bach bis Jarrett
Der Pianist Matthias Zumbroich mag am liebsten Crossover

„C“ heißt der Silberling schlicht, und in dieser Tonart fängt auch alles an. Aber wie: Die neue CD des Reutlinger Pianisten und einstigen „Zombie Woof“- Musi- kers Matthias Zumbroich bietet Klassik, Rock und Jazz – kreuz- über sozusagen. Den Titel „C“ darf man auch als Kürzel für „Crossover“ deuten.
OTTO PAUL BURKHARDT
„C“ wie CD, C-Dur und Crossover: Musik von/mit Matthias Zumbroich. REPRO: PR
REUTLINGEN • Musikalischer Freistil für Piano solo: Dieses Konzept variiert Zumbroich auf 17 Titeln. Manches mag zwar nach Keith Jarretts legendärem „Köln Concert“ klingen (was auch Titel wie „Jarrett’s Dollar“ bestätigen), doch die musiksprachliche Palette des früheren Rockmusikers ist, aufs Ganze gesehen, dann doch etwas breiter angelegt.
Schon die Eingangsnummer „C“ spielt nicht nur auf besagte Grund- tonart an – wer will, kann auch Bezüge zu Jazzklassikern wie „C Jam Blues“ oder Latin – Evergreens wie „One Note Samba“ heraus- hören.
In „Plus belle“ wiederum weist Zumbroichs meist improvisato-risch-hapsodischer Stil in übrigens höchst gepflegter Anschlagkultur auch Bezüge zu Bach und Satie auf. Damit nicht genug. „Muß i denn“ wird spieluhrartig à la Mozart, dann rockjazzig umkomponiert, während Schuberts „Am Brunnen“ unter Zumbroichs Händen in Softjazz- Machart klingt.
Auf der CD dominieren die Freestyle- Stücke, meist Widmungsnummern „für Dani“, „für DoDo“ oder „für Thomas“, die dann auch jeweils eine ganz eigenwillige Befindlichkeits- Palette auffächern – von Beethoven bis Mussorgsky, von leiser Poesie bis zu griffigen Rockjazz-Einspreng- seln.
Und gefühlige Dichte gehört sicher zu den Charakteristika des Zumbroichschen Stils. Zwischendurch aber streut der Reutlinger Kla- vierlehrer auch Klassik-Originale ein – etwa Bachs B-Dur-Praeludium, wieselflink in Glenn-Gould-Manier absolviert, oder diverse Sätze aus Scarlatti-Sonaten, quirlig perlend, geistreich und duftig interpretiert.
Kurzum, Zumbroichs gesammelte Werke dürften nicht für Puristen geeignet sein – es sind größtenteils Stegreif-Ausflüge, die sich im weiten Feld zwischen Klassik, Rock upd Jazz bewegen.
Anders gesagt: Der Weg ist das Ziel. Emotionale Intensität, die von Herzen kommt. Einmal ist Zumbroich mit Band zu hören, mit Ulrich „Jamsy“ Herter und Thomas Dörr. Titel: „Plus belle mit Kapelle“.